Hutba: Bewusstes Fasten

FREITAGSPREDIGT

Verehrte Muslime!

Alhamdulillâh – Allah hat unser Duâ erhört: Wir haben das Ende des Schabân erreicht. Am Sonntagabend beginnt der langersehnte Monat Ramadan, den wir mit dem ersten Tarâwîh-Gebet begrüßen werden. Die Tore des Paradieses werden dann weit geöffnet und die der Hölle verschlossen sein. Alle Teufel und boshaften Dschinn werden angekettet sein.[1] Voller Freude werden wir unseren ersten Sahûr und Iftâr einnehmen, an der Mukâbala teilnehmen und unsere Zakat zahlen. Im Ramadan schauen wir auf unsere Taten und erkennen unsere Schwächen. Unser Ziel ist es, diese segenvolle Zeit in bester Weise zu nutzen, um ein Leben im Sinne Allahs zu führen.

Liebe Geschwister!

Das Fasten ist Gebot und Geschenk zugleich. Im Koran heißt es: „O ihr, die ihr glaubt! Euch ist das Fasten vorgeschrieben, wie es den Menschen vor euch vorgeschrieben war; vielleicht werdet ihr gottesfürchtig.“[2]Dieser Vers lehrt uns drei Dinge: 1. das Gebot des Fastens für Muslime; 2. dass auch vergangene Völker fasteten und 3. dass das Fasten zu Takwâ, d. h. zu Gottesachtsamkeit, führt.

Im Ramadan lernen wir Selbstdisziplin und Ergebenheit gegenüber unserem Schöpfer, um auch nach Ramadan dementsprechend leben zu können. Der Ramadan ist eine Art Erziehung für unsere Nafs, denn im Ramadan hält sich der Muslim zu bestimmten Zeiten von Dingen fern, die ansonsten erlaubt sind. Er tut das bewusst, und lernt dadurch, was es heißt, sich bewusst von verbotenen Dingen fernzuhalten.

Das Fasten lehrt uns auch, unsere Gaben mit anderen zu teilen. Indem wir am Iftâr-Tisch zusammenkommen, stärken wir unser Gemeinschaftsgefühl und unsere Verbundenheit mit unseren Geschwistern weltweit.

Verehrte Muslime!

Fasten heißt nicht einfach hungern. Nach Imam Gazâlî ist Fasten eben nicht nur der Verzicht auf Nahrung und die Bedürfnisse der Nafs. Es ist das Fasten des gesamten Wesens, also der Hände, Zunge, Augen, Ohren und aller anderen Organe. Nur wenn der Fastende auch seine Gedanken und sein Herz von allem Schlechten fernhält, hat er wahrhaftig gefastet.[3]

Über dieses wahrhaftige Fasten sagte unser Prophet ﷺ: „Wer nicht aufhört zu lügen und sich mit nichtigen und sinnlosen Dingen zu beschäftigen, dessen Hungern und Dursten hat für Allah keine Bedeutung.“[4] Ein anderes mal sagte er ﷺ: „Es gibt so viele Fastende, die von ihrem Fasten nichts anderes haben als Hunger und Durst und es gibt so viele Betende, die von ihrem Gebet nichts anderes haben als Schlaflosigkeit und Anstrengung.“[5]

Liebe Geschwister!

In einem Hadith kudsî sagte Allah: „Das Fasten ist für Mich, und Ich werde es belohnen. Er (der Fastende) verzichtet für Mich auf Essen, Trinken und seine Begierden.“[6]Wenn wir das verinnerlichen, können wir unsere Herzen von niederen Trieben, Gefühlen und Gedanken reinigen und uns ganz auf Allah ausrichten, ohne unsere weltlichen Verpflichtungen zu vernachlässigen. In der Schule oder auf der Arbeit werden wir uns nach wie vor anstrengen. Vergessen wir nicht: Der Fastende bewegt sich unter den Menschen, doch sein Herz ist mit Allah verbunden – und dies ist die höchste Stufe des Fastens.

Möge Allah uns erleichtern, den Ramadan in den Moscheen zu verbringen, gemeinsam Iftâr und Sahûr zu begehen, und an der Mukâbala und den Tarâwîh-Gebeten teilzunehmen. Möge Allah uns die höchste Stufe des Fastens erreichen lassen. Âmîn.

[1] Tirmizî, Sawm, 1, Hadith Nr. 682
[2] Sure Bakara, 2:183
[3] Gazâlî, Ihyâ al-Ulûm ad-Dîn, 2011, Bd. 2, S. 110
[4] Buhârî, Adab, 51, Hadith Nr. 6057
[5] Musnad, Ahmad bin Hanbal, Hadith Nr. 8693
[6] Tahâwî, Scharh Muschkil al-Âsâr, Hadith Nr. 2975